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schwer zur Last fallen. Zunächst bietet dieser Gegenstand eine passende Gelegenheit dar, des British Museum zu London mit grosser Auszeichnung zu gedenken, weil man dort sowohl beim Ankauf mit der grössesten Vorsicht im Einzelnen verfährt als auch für die Erhaltung des Erworbenen mit eben so planmässiger als erfolgreicher Sorgfalt wacht. Und allerdings erscheint jene Verwaltung im vortheilhaftesten Lichte, namentlich den französischen Bibliotheken gegenüber; es wird eine Thatsache angeführt, die auch den deutschen Bibliothekverwaltungen als glänzendes Beispiel und fast als Ideal entgegengehalten werden möchte, wenn man von den verschiedenartigen Umständen und Verhältnissen jener Anstalten in beiden Ländern absieht. Libri erwähnt nämlich unter Anderem (S. 73) dass eine vor Kurzem im Zeitraume von drei Wochen durch vier Beamte ausgeführte Revision der gedruckten Werke des britischen Museums das Vorhandensein sämmtlicher in den Catalogen verzeichneter Bücher, 431,539 an der Zahl, ergeben habe. So glänzender Resultate wird keine der grösseren Bibliotheken Deutschlands sich rühmen können. Aber man darf freilich dreierlei nicht vergessen: 1) dass die rein mechanische, jeden wissenschaftlichen Princips entbehrende Numerirung und Aufstellung 1) der Bücher im British Museum, wie verwerflich sie in andern Beziehungen erscheinen mag, gerade für die Ausführung einer solchen Revision ungemein günstig und erleichternd ist; 2) dass die Benutzung des Brit. Mus. sich durchaus auf das Lokal selbst beschränkt, dergestalt, dass jedes ausserhalb desselben irgendwie zum Vorschein kommende Buch der Anstalt als entwendet betrachtet werden müsste; 3) endlich dass die ausserordentlich reiche Dotirung jener Anstalt die Möglichkeit verschafft, eine mehr als hinlängliche Anzahl von beaufsichtigenden Beamten mit entsprechendem Gehalte zur Disposition zu haben. Das ist bei unseren deutschen Bibliotheken ganz anders. Diese werden hauptsächlich durch das Ausleihen der Bücher, sie werden meistens in den Wohnungen der Gelehrten und Studirenden benutzt und man bemerkt in den Geschäftsordnungen einen lebhaften Wetteifer, durch liberale Principien die Benutzung nach Möglichkeit zu erleichtern. Aber dass eine solche Liberalität den Büchern manche Gefährde bringt, ist leicht zu ermessen und durch thatsächliche Erfahrungen festgestellt. Es ist gar nicht zu verhindern, dass vielfach benutzte

1) Es mag hier angeführt werden, dass für die königliche Bibliothek zu Berlin, deren Bücher bis dahin im Ganzen in wissenschaftlicher Ordnung auf Grundlage der Fachkataloge aufgestellt waren, eine neue Numerirung und Aufstellung mittelst ganz neuer streng wissenschaftlicher Cataloge in der Ausführung begriffen ist, nach einer Methode, welche die Erleichternug einer Revision der vorhandenen Bücher und die Wahrung des Princips wissenschaftlicher Aufstellung aufs Glücklichste verbindet.

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und gleichsam in steter Bewegung von Hand zu Hand gehende Bücher allmählich immer mehr beschädigt und endlich ganz abgenutzt werden. Die königliche Bibliothek zu Berlin kann eine beträchtliche Anzahl solcher Bücher aufweisen; wie sollte es auch möglich werden, die ungefähr 32,000 Bände, welche jährlich in den Thüren dieser königl. Bibl. aus- und eingehen, genau zu controliren, für solche meistens in Abstufungen, welche sich der praktischen Anschauung entziehen, zur Unansehnlichkeit und in entstellende Verschmuzung herunterkommende Bände etwa einen einzelnen Entleiher verantwortlich zu machen, oder auch nur die Spuren ausgerissener Blätter und Kupfer, Schmutzflecke in den Büchern und andere oft mit raffinirter Sorgfalt verdeckte und versteckte Beschädigungen jedes Mal sofort zu entdecken und zu ermitteln! Wenn man hierbei an die Zukunft der Bibliotheken und ihrer Benutzer gedenkt, muss eine eigenthümliche Stimmung erwachen. Denn es drängt sich mit grosser Schärfe die Beobachtung auf, dass solche Bücher und Schriften, die in unsern grossen Magazinen der Literatur dem Schicksale der Beschädigung und Zerstörung anheimfallen, keineswegs werthlosere, unbedeutendere, schlechtere, sondern im Gegentheile vorzugsweise und fast ausschliesslich diejenigen sind, auf welche sich zur Zeit die allgemeine Aufmerk..samkeit richtet. Es sind Schriften, die eine grosse Einwirkung auf Literatur und Anschauung der Zeit ausüben, deren Kenntniss von allen Gelehrten wo nicht von jedem Gebildeten vorausgesetzt wird und deren Inhalt nach vielen Seiten hin anregend, belebend und grundlegend wirkt; es gehören dahin gegenwärtig z. B. Schriften von Schleiermacher, Niebuhr, de Wette, Puchta, um nur einiger Verstorbener zu gedenken;

Schriften, die wenigstens in den jetzt vorhandenen Ausgaben grossentheils bald aus dem Buchhandel verschwinden und von denen es um so mehr zu bedauern ist, dass sie auch in den Bibliotheken Verstümmelungen und entstellenden Beschädigungen, wenn nicht der Zerstörung und Auflösung entgegengehen. Aber wiederum kann man von einem höhern Standpunkt aus die Betrachtung geltend machen, dass in diesen äusserlich abschreckenden Verunstaltungen nicht etwa eine Bedauern erweckende Nemesis jener ausgedehnten Liberalität, sondern vielmehr ihr Triumph uns entgegentritt; denn es darf nicht bezweifelt werden, dass an diesen Exemplaren zugleich die Spuren erreichter Bestimmung sichtbar werden. Wer mag ermessen, wie viel Licht, Leben und Anregung aus solchen zerlesenen Bänden für Individuen oder selbst für geringere und grössere Kreise geflossen sind und wie vielfacher oder mannigfaltiger Segen mit dieser Zerstörung verbunden war!

Ein anderes aus derselben Liberalität entsprungenes Herkommen, welches deutschen Bibliotheken nachweislich oft gefährlich wurde, ist die Bereitwilligkeit, mit welcher man vielen

Gelehrten, deren Stellung und ehrenhafter Charakter ein solches Vertrauen rechtfertigt, einen unbewachten Zutritt zu den Räumen der Bibliothek gestattet. Denn dieses Vertrauen, dessen Gränzen sich nun einmal nicht scharf ziehen lassen, muss sich nicht selten auf Personen ausdehnen, die sich dessen, wie die spätere Erfahrung oft lehrte, unwürdig bewiesen. In dem Nachlasse einzelner Gelehrten und Schriftsteller, denen diese Bevorzugung seitens der königlichen Bibliothek zu Berlin zu Theile geworden war, haben sich in nicht unbeträchtlicher Anzahl, Bände aus der königl. Bibl. vorgefunden, die lange vermisst und vielleicht in den Händen anderer Benutzer vermuthet waren. Bei einem sehr bekannten Schriftsteller, für welchen die Bürgschaft eines Ministers empfehlend gewesen war, fand man Bücher der Königl. Bibliothek durch hineingeschriebene Randnotizen eigenthümlicher Art so entstellt, dass man offenbar sieht, wie wenig dieser Benutzer bei seinen Lebzeiten daran gedacht, dieselben jemals an die königliche Bibl. zurückzuliefern. Solche Erfahrungen sind in der That sehr traurig und betrübend. Aber es kommt darauf an, nicht dem moralischen Eindrucke derselben nachzuhängen, sondern den praktischen Gesichtspunkt festzuhalten. Das Hauptziel und das höchste Bestreben der Anstalt ist: möglichst zu nutzen; freilich nicht blos dem gegenwärtigen Jahrhunderte, sondern auch der entfernteren Folgezeit. Und diese beiden Gesichtspunkte, die einander öfter widersprechen, haben gleichzeitig ihr Recht; es würde nicht zu billigen sein, wenn die Verwaltungen entweder die jetzige Benutzung ängstlich erschweren wollten, um der Nachwelt ein unversehrtes Erbtheil zu überliefern; oder wenn sie dem Publikum der Gegenwart die ganze Anstalt Preis gäben und nicht alle unter den gegebenen Beschränkungen irgend mögliche Sorgfalt zur Erhaltung und Sicherung des Vorhandenen verwendeten. Den oben angedeuteten Uebelständen gegenüber bleibt die alte Bestimmung fest; es gilt, auch durch Ausnahmefälle des Missbrauchs den Gebrauch möglichst wenig verkümmern zu lassen.

(Beschluss folgt.

Verleger: T. O. Weigel in Leipzig. Druck von C. P. Melzer.

SERAPEUM.

Zeitschrift

für

Bibliothek wissenschaft, Handschriftenkunde und ältere Litteratur.

Im Vereine mit Bibliothekaren und Litteraturfreunden

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G. Libri's Aufschlüsse über Verluste der öffentlichen Bibliotheken in Frankreich. (Nebst einigen Bemerkungen über deutsche Bibliotheken).

(Beschluss.)

In der Königl. Bibliothek zu Berlin wird mit kostbaren und seltenen Werken, mit einzelnen Bänden umfangreicher Sammlungen oder Schriften, die im Falle des Verlustes schwer oder gar nicht zu ersetzen sind, mit Zeitschriften, Zeitungen u. s. w. zurückgehalten, wenn sie ausserhalb des Lokals der Bibliothek verlangt werden; sie werden mehr oder weniger ausschliesslich, je nach den Umständen der Benutzung im Lesesaal der Anstalt vorbehalten und in der Regel auf höchstens 2 bis 3 Tage etwa vom Freitag oder Sonnabend auf den nächsten Montag. verabfolgt. Bei Collisionsfällen wird derjenige, der das Werk im Lokale der königlichen Bibliothek benutzen will, zuerst berücksichtigt. Diese erst seit einigen Jahren bestimmt festgestellten Maassregeln haben sich auf's Beste bewährt; sie sind einem grossen Theile der Benutzer erwünscht, zunächst schon deshalb, weil er jetzt manche Werke und Bände, die früher nor selten aus den Händen der Entleiher zurückkamen, mit Sicherheit an Ort und Stelle vorfindet. Beiläufig mag noch bemerkt werden, dass seit etwa sechs Jahren die EröffnungsX. Jahrgang.

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zeit des Lesesaals von zwei Stunden täglich auf sieben Stunden ausgedehnt und dass seit drei Jahren auch der Gebrauch der Dinte daselbst eingeführt und damit alles erreicht ist, was zum Ersatz der Benutzung in den Wohnungen der Gelehrten und Studirenden geschehen konnte. Der Gewinn, welcher aus einer solchen geregelten Durchführung von Maassregeln zu Gunsten der Benutzung der Bücher im Lokale selbst erzielt wird. lässt sich kaum berechnen. Abgesehen von dem oben angedeuteten Interesse, welches aus dem Beschränken des Ausleihens selbst den Lesern und Benutzern der Anstalt entsteht, werden jetzt kostbarere Werke vor Beschädigungen beim Transporte (bei schlechtem Wetter u. dgl.) vor unabsichtlichem und absichtlichem Besudeln, von welchem letztern selbst manche werthvolle Bände bedauerliche Spuren tragen, mehr und mehr gesichert und es wird zugleich der Uebelstand vermieden, dass von bändereichen Werken und Sammlungen einzelne Theile durch Gebrauch und Missbrauch abgenutzt und fast aufgelöst werden, während die übrigen oft ganz unversehrt und Jahre lang unberührt bleiben. Doch wir dürfen nicht länger saumen, von dieser Digression, zu welcher jene in Deutschland wunderbar klingenden Revisionsresultate des British Museum Anlass geben, zu unserem Gegenstande zurückzukehren.

Was nun die öffentlichen Bibliotheken Frankreichs und vorzugsweise die jetzige National - Bibliothek zu Paris betrifft, so gründet sich die Schuld mancher Unordnungen in ihrem Besitzstande zum grossen Theil auf die ungeheuern politischen Bewegungen während der letzten sechzig Jahre. Die Art und Weise, in welcher dort während dieser Zeit die mannichfaltigsten Accessionen zuflossen, hat daran einen keineswegs gering zu achtenden Antheil; denn es kann kaum anders sich machen, als dass eine Anstalt, deren Besitz und Bestand nicht gesetzlich oder sittlich vollständig geregelt ist, auch bei der Verwaltung ihrer Schätze auf tausend Schwierigkeiten stösst und exceptionelle Ausflüchte zu Hülfe nehmen muss. Dadurch

werden wieder nicht nur andere und oft noch bedenklichere Unregelmässigkeiten, sondern auch Fahrlässigkeiten und Gewissenlosigkeiten theils begünstigt, theils herbeigeführt. Die Notiz, welche Libri S. 53 ob. Schr. giebt, lässt den Leser nicht zweifelhaft:,,Es ist bekannt, dass diese Bibliothek eine grosse Anzahl von Werken besitzt, über deren Besitz sie sich gesetzlich zu rechtfertigen nicht vermag. Dahin gehören im Allgemeinen sehr kostbare Bände, welche die siegreichen Armeen der Republik und des Kaiserthums aus den Bibliotheken eroberter Länder mit sich geführt hatten und deren Rückgabe durch die nachherigen Friedensschlüsse stipulirt war. Jedermann weiss, dass zur Zeit der Restauration manche Bibliothekare auf Antrieb eines glühenden Patriotismus (?!) dergleichen Bücher bei der Zurückgabe zu verstecken, oder auch wohl

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